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Sicherung des digitalen Nachlasses
Was ist digitaler Nachlass?
Das Internet ist aus unserem Leben nicht mehr hinwegzudenken. Wir bestellen online über verschiedene Onlinekonten, speichern Dokumente und Fotos in einer Cloud, versenden E-Mails und kommunizieren in sozialen Netzwerken, wie Facebook oder Twitter.
Diese Aktivitäten hinterlassen auswertbare Spuren im Internet. Diese werden nach dem Tod nicht automatisch gelöscht, sondern bleiben auch nach dem Tod bestehen. Sie bilden den sog. „digitalen Nachlass“.
Der digitale Nachlass umfasst die Gesamtheit des digitalen Vermögens des Erblassers. Er umfasst die Rechte und Ansprüche gegenüber Anbietern digitaler Dienste und den gesamten elektronischen Datenbestand. Zum digitalen Nachlass zählen daher neben gespeicherten Daten im Internet, einer Cloud oder im E-Mail- Verkehr, auch laufende Verträge, Abonnements und kostenpflichtigen Mitgliedschaften im Internet.
Was passiert mit diesen Daten?
Diese Daten und Verträge, der sog. digitale Nachlass, geht nach dem Tod nach § 1922 BGB im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über.
Seit der Entscheidung des BGH von September 2020 (Az. III ZB 30/20) steht fest, dass die Erben vollen Zugriff haben. Dem Zugang der Erben zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen nach Ansicht des BGH weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.
Die Erben sind daher berechtigt und verpflichtet, die Daten zu sichten, sowie laufende Verträge, Abonnements und kostenpflichtigen Mitgliedschaften zu kündigen.
Dies stellt nicht nur die Erben vor praktische Probleme, wenn sie die notwendigen Zugangsdaten nicht besitzen.
Auch auf Seiten des Erblassers kann dieser Eingriff ins Persönlichkeitsrecht auf Bedenken stoßen. Der Erblasser sollte daher bei der Regelung seines Nachlasses immer auch überlegen, ob er die Einsicht aller Erben in seine privaten Meinungsäußerungen in Foren o.ä. tatsächlich wünscht. Vielleicht gibt es Fotos oder Beiträge, die nicht von den Erben gelesen, sondern nach dem Tod gelöscht werden sollten.
Praxishinweis
Wünscht der Erblasser eine Löschung oder den sensiblen Umgang mit seinen Daten, sollte er eine Vertrauensperson mit der Sichtung und Löschung betrauen. So kann der Erblasser eine Vertrauensperson als Testamentsvollstrecker einsetzen, die er mit der Löschung dieser Daten beauftragt oder diesen anweist die Daten, nur bestimmten Personen zugänglich zu machen.
Hier empfiehlt es sich im Testament einen Testamentsvollstrecker zu bestimmen, der entsprechende Passwörter kennt oder in einem verschlossenen Briefumschlag (eventuell aus dem Bankschließfach) erhält und die Aufgabe hat, alle Onlinekonten nach dem Tod des Erblassers löschen zu lassen.
Legt man dem Testamentsvollstrecker die Pflicht auf, diese Daten den Erben gegenüber nicht preiszugeben und die Daten umgehend zu vernichten, hat sich der Testamentsvollstrecker um die Löschung sensibler persönlicher Daten selbst zu kümmern. Hierbei ist hilfreich, wenn der Erblasser den Umgang mit den Daten präzise geregelt hat und detaillierte Angaben dazu gemacht hat, welche Daten gelöscht, welche Verträge gekündigt werden sollen, was mit dem Profil in den sozialen Netzwerken passiert und was mit im Netz vorhandenen Fotos geschehen soll.
Dabei sollte die Angabe der Zugangsdaten nicht im Testament erfolgen, da Zugangsdaten regelmäßig zu ändern sind und das Testament mit Eröffnung auch Dritten zugänglich gemacht wird.
Florian Enzensberger
Fachanwalt für Erbrecht