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Keine Steuerbefreiung als „Familienheim“ nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG bei einer Auflassungsvormerkung
Nach Auffassung des BFH im Urteil vom 29.11.2017, Az. II R 14/16, ist der von Todes wegen erfolgte Erwerb eines durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Familienheim durch den überlebenden Ehegatten nicht von der Erbschaftsteuer befreit.
Zivilrechtlicher Eigentumsübergang bei Immobilien
Grundsätzlich geht das Eigentum an einer Immobilie gem. § 873 Abs. 1 BGB durch Einigung der Parteien(Auflassung) und Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch über. Da die Eintragung im Grundbuch von der Schnelligkeit des Grundbuchamtes abhängt, wird meist eine sogenannte Auflassungsvormerkung vereinbart, die das mit Notarvertrag entstandene Anwartschaftsrecht grundbuchrechtlich sichern soll.
Das durch Vormerkung gesicherte Anwartschaftsrecht ist kein Eigentum
Im durch den BFH entschiedenen Fall erwarb die Erblasserin am 16.03.2007 mit notariell beurkundetem Vertrag eine noch zu errichtende Eigentumswohnung von einem Bauträger. Di Vertragsparteien erklärten gleichzeitig die Auflassung und am 28.01.2008 wurde eine entsprechende Auflassungsvormerkung eingetragen. Im Dezember 2008 zogen die Erblasserin und Ihr Ehemann in die Eigentumswohnung ein. Im Juli 2009 verstarb die Erblasserin, wobei sie zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch noch nicht als Eigentümerin der Eigentumswohnung eingetragen war.
Nach Auffassung des BFH setzt die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 b) S. 1 ErbStG zwingend voraus, dass das Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR belegenen bebauten Grundstücks durch den Ehegatten von Todes wegen erworben wird. Nicht ausreichend sei der von Todes wegen erfolgte Erwerbs eines durch eine Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Familienheim durch den überlebenden Ehegatten. Der BFH begründet dies mit dem Wortlaut der Vorschrift, die ausdrücklich den Erwerb von Eigentum oder Miteigentum voraussetze. Eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift sei nicht möglich, da hierfür eine Regelungslücke notwendig wäre, welche nicht vorläge. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist („rechtspolitischer Fehler“), reiche dafür allerdings nicht aus. Deshalb sei die vom BFH eng am Wortlaut vorgenommene Auslegung geboten, welcher auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstünden.
Zu Recht wird dieses Urteil in der Literatur stark kritisiert. Durch die Abstellung auf das tatsächliche Eigentum hängt es vom Zufall, besser gesagt von der Schnelligkeit des Grundbuchamtes ab, ob ein Familienheim steuerfrei auf den Ehegatten übergehen kann oder nicht. Das ist kaum durch den Wortlaut einer Norm zu rechtfertigen.
Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier durch Ergänzung der Norm Klarheit schaffen wird. Derzeit muss allerdings davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung das Urteil auch über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwenden wird.
Maximilian Maar, Rechtsanwalt, Tätigkeitsschwerpunkt Erb- und Steuerrecht