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Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers nur bei wichtigem Grund erfolgreich
Häufig gibt es Streit zwischen Testamentsvollstreckern und den Erben. Als letztes Mittel bleibt den Erben nur ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers. Viele Erblasser ordnen in ihrem Testament Testamentsvollstreckung an, z.B. um das Erbe vor dem Zugriff Dritter (Gläubiger, unliebsame Schwiegerkinder oder den Sozialhilfeträger) auf den Nachlass zu vermeiden oder die Abwicklung des Nachlasses für ihre Erben zu vereinfachen. Häufig sind die Erben mit der Arbeit des Testamentsvollstreckers nicht zufrieden. Nicht jedes Verhalten rechtfertigt aber eine Entlassung des Testamentsvollstreckers.
Entlassung durch das Nachlassgericht
Der Erbe kann den Testamentsvollstrecker nicht selbst entlassen. Eine Entlassung durch das Nachlassgericht von Amts wegen erfolgt ebenfalls nicht. Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker nur auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 2227 BGB.
Wichtiger Grund
§ 2227 BGB beschreibt als wichtigen Grund insbesondere die grobe Verletzung seiner Pflichten oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Aber auch andere, gleichwertige Gründe können zur Entlassung führen. Ein Verschulden des Testamentsvollstreckers ist nicht zwingend erforderlich.
Gerichte haben in der Praxis einen wichtigen Grund z.B. gesehen wenn:
- Der Testamentsvollstrecker begründeten Anlass zu der Annahme gegeben hat, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des Erblasserwillens hinderlich sei oder die Interessen der am Nachlass Beteiligten schädigen oder erheblich gefährden werde (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.8.2018 – 5 W 2/18)
- Die Erben ein auf Tatsachen beruhendes Misstrauen gegen die Amtsführung des Testamentsvollstreckers hat, zu welchem der Testamentsvollstrecker Anlass gegeben hat (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23.7.2014 – 5 W 50/14)
- Persönliche Spannungen zwischen Erben und Testamentsvollstrecker (oder gar Feindschaft) besteht, insbesondere dann, wenn hierdurch eine ordnungsgemäße Amtsführung gefährdet wird (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.7.2020 – 5 W 26/20).
- Der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuer nicht entrichtet (OLG Naumburg, Beschl. v. 23.2.2021 – 2 Wx 31/20)
- Der Testamentsvollstrecker eine übermäßige Vergütung aus dem Nachlass entnimmt (OLG Hamburg, Beschl. v. 28.8.2019 – 2 W 66/19)
- Der Testamentsvollstrecker seinen Informations- und Benachrichtigungspflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist (z.B. OLG Koblenz, Urt. v. 29.5.2008 – 2 U 1620/06 – hier bestand zusätzlich die Gefahr einer Haftung des Erben, da er mangels Auskünften des Testamentsvollstreckers keine Angaben gegenüber dem Finanzamt über Einkünfte etc. machen konnte).
- (Langfristige) Untätigkeit des Testamentsvollstreckers (OLG Köln, Beschl. v. 27.10.2004 – 2 Wx 29/04 – hier längere Verzögerung bei einer Abwicklungstestamentsvollstreckung über mehrere Jahre)
- Der Testamentsvollstrecker nach seinem persönlichkeitsbedingten Verhalten zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit anderen Personen über die im Rahmen seiner Amtsführung zu regelnden Angelegenheiten nicht in der Lage ist (OLG Hamm, Beschl. v. 15.1.2007 – 15 W 277/06)
Folgen der Entlassung
Der Testamentsvollstrecker kann seinen Anspruch auf Vergütung verwirken, wenn ihm zumindest eine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann (OLG Hamm, Beschl. v. 7.11.2013 – 10 U 100/12). Dies ist nicht zwingend bei jeder Entlassung der Fall.
Achtung: In der Regel fällt durch die Entlassung nicht die gesamte Testamentsvollstreckung weg. Nur der derzeitige Testamentsvollstrecker wird entlassen. Stattdessen ist anhand des Testaments zu klären, ob ein Ersatztestamentsvollstrecker tätig werden soll. Hat der Erblasser diesen nicht selbst benannt, so bestimmt das Nachlassgericht einen neuen Testamentsvollstrecker.
Florian Enzensberger
Fachanwalt für Erbrecht, Weilheim